Freundschaft für immer

Medaillengewinner*innen der Olympischen Spiele von 1972 trafen sich in München

Gruppenbild: Thomas Röhler, Felix Loch, Karla Borger, Sabrina Cakmakli und Sebastian Seidl (von links nach rechts)
Thomas Röhler, Felix Loch, Karla Borger, Sabrina Cakmakli und Sebastian Seidl (v.l.) mit dem neuesten DOA-Sammelband.
© DSM/Frank May

50 Jahre nach den Olympischen Sommerspielen von München, Augsburg, Kiel und den Winterspielen von Sapporo (Japan) haben sich die Medaillengewinner*innen von damals viel zu erzählen. Und genau deshalb hat die Deutsche Olympische Akademie (DOA) beim Wiedersehenstreffen am vergangenen Wochenende in München zu einer Talkrunde eingeladen. Auf dem Podium saßen die Olympiasieger*innen in der Leichtathletik von 1972, Heide Ecker-Rosendahl, Peter Frenkel und Klaus Wolfermann, der Silbermedaillengewinner im Schwimmen, Klaus Steinbach, sowie der Olympiasieger in der Nordischen Kombination, Ulrich Wehling. Bevor es aber um Erinnerungen ging, begrüßte DOA-Direktor Dr. Gerald Fritz die Gäste auf dem Podium und die zahlreichen Besucher*innen.

Medaillengewinner*innen als Vorbilder für die Bevölkerung

Verena Bentele, Vizepräsidentin des DOSB und Präsidentin des VdK, sagte in ihrem Grußwort, dass die Medaillengewinner*innen von damals Vorbilder für die Menschen in Deutschland seien und rief sie dazu auf, ihre Popularität zu nutzen: „Wir haben durch und mit dem Sport die Möglichkeit, die Gesellschaft im positiven Sinne mitzugestalten – der Sport kann so viel erreichen.“ Sie sprach sich nachdrücklich für eine neue Bewerbung Deutschlands um Olympische Spiele aus. „Mir ist es egal, ob es Sommer- oder Winterspiele sind“, sagte die erfolgreiche ehemalige paralympische Biathletin.

Die DOA-Vorsitzende, Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper, bezeichnete das Jahr 1972 als unvergesslich für den Sport in Deutschland und erinnerte an den früheren NOK-Präsidenten Willi Daume, der die Idee für die Spiele in München hatte. „Diese Spiele waren fröhliche Spiele bis mit dem Anschlag eines palästinensischen Terrorkommandos am 5. September ein Schatten über ihnen lag“, sagte sie in ihrem Grußwort.

Der stellvertretende DOA-Vorsitzende, Prof. Dr. Manfred Lämmer, moderierte die Talkrunde und lud dazu ein, „eine Stunde mit den Erinnerungen von 1972 zu verbringen.“ Von Ulrich Wehling wollte er wissen, wie seine Vorbereitungen auf die Spiele in Sapporo und die Anreise nach Japan waren. Wehling nannte die Wettkämpfe hervorragend, doch die Vorbereitungen seien wegen des Schneemangels in der Heimat schwierig gewesen. Mit mehreren Zwischenstopps in der Sowjetunion sei die DDR-Olympiamannschaft in einem Flugzeug des Typs IL 62 angereist. Nach den Wettkämpfen blieb Zeit, Japan kennenzulernen. „Das Land, die Tradition, die Menschen machten einen großen Eindruck auf mich“, so Wehling.

Völkerverbindung führt zu lebenslangen Freundschaften

Klaus Wolfermann, der in München Gold im Speerwurf holte, ist die besondere positive Atmosphäre der Spiele von 1972 und insbesondere die Begeisterung der Menschen in Erinnerung geblieben: „Wir haben dafür ganz viel Lob bekommen, auch von meinem ärgsten Rivalen, Janis Lusis, mit dem mich eine besondere Freundschaft verbunden hat.“

Auch die anderen Gäste auf dem Podium berichteten von ihren Freundschaften, die sich durch die Spiele entwickelt hatten: Klaus Steinbach plauderte aus dem Nähkästchen und erwähnte die Vorliebe seines Freundes und herausragenden US-Schwimmers Mark Spitz für schnelles Fahren auf deutschen Autobahnen. Peter Frenkel erzählte von seiner engen Freundschaft mit dem israelischen Geher Shaul Ladany, der mit viel Glück den Terroranschlag vom 5. September in München überlebt hatte. Und Heide Ecker-Rosendahl stellte fest: „Gerade beim Fünfkampf verbringt man viel Zeit miteinander. Man hilft sich gegenseitig und so ergeben sich Freundschaften.“ Mit Stolz erinnerte sie daran, dass sie damals gegen die schnellste Frau der Welt, Renate Stecher aus der DDR, angetreten und dass es eine besondere Herausforderung gewesen sei. „Deshalb sollte man endlich damit aufhören, vor allem von Renate Stechers Niederlage in der 4x100-Meter-Staffel zu sprechen. Sie hat Olympiagold im 100- und 200-Meter-Lauf geholt. Das ist wichtig“, erklärte Ecker-Rosendahl und erhielt dafür viel Beifall aus dem Publikum. Renate Stecher dankte ihrer früheren Konkurrentin für die Worte nach der Diskussion mit einer herzlichen Umarmung.

Deutsche Olympiabewerbung bedarf Unterstützung aus der Bevölkerung

Alle Podiumsgäste unterstützten den Vorschlag von DOSB-Vizepräsidentin Verena Bentele, eine erneute deutsche Olympiabewerbung anzustreben. Sie hoben aber hervor, dass es ohne eine große Unterstützung aus der Bevölkerung nicht gelingen kann. Klaus Steinbach verwies auf den organisierten Sport. „Der DOSB ist die größte Vereinigung in Deutschland. Wenn sich alle für eine Bewerbung engagieren, dann wird das Feuer auch auf alle anderen in unserem Land überspringen“, war er sich sicher.

Das Thema Olympiabewerbung wurde in der zweiten Talkrunde des Tages, ebenfalls moderiert von Prof. Dr. Manfred Lämmer, sehr gerne aufgegriffen. Diesmal saßen Athlet*innen aus dem Team D auf dem Podium: Karla Borger, Beachvolleyballerin und Präsidentin des Vereins Athleten Deutschland, Freestyle-Skifahrerin Sabrina Cakmakli, Rodel-Olympiasieger Felix Loch, Sperrwurf-Olympiasieger Thomas Röhler und Judoka Sebastian Seidl, Bronzemedaillengewinner.

Spiele als Startschuss für Fortschritt – Nachwuchs ein Riesenproblem

Sabrina Cakmakli begrüßte eine neue Bewerbung, um damit auch die Bedingungen für die Athlet*innen zu verbessern. „Für Freestyle haben wir in Deutschland keine Trainingsstätten. Olympia wäre der beste Weg, einen Fortschritt zu erreichen“, sagte sie. Felix Loch unterstützte sie und sagte, dass Olympische Spiele – egal ob im Sommer oder Winter – ein großer Schub für den Sport seien. Aber: „Der Nachwuchs ist ein Riesenproblem“, so Loch. „Wir gehen in die Schulen und versuchen alles, doch die Freizeitkonkurrenz ist für die Kinder heute riesengroß. Sport ist etwas Schönes, man lernt Niederlagen zu verarbeiten. Deshalb ist Sport ganz wichtig und das müssen wir vermitteln“, so der Rodler. Auch für Sebastian Seidl ist die Nachwuchsarbeit „das A und O.“ Er wünsche sich mehr mediale Aufmerksamkeit gerade auch für Randsportarten und Übertragungen von Welt- und Europameisterschaften. „So könnten viel mehr Menschen von uns erfahren und sich entscheiden mitzumachen“, war er sich sicher.

Karla Borger machte einen Vorschlag, auch zur Lösung des Nachwuchsproblems. „Wir als Sportler sollten bei Entscheidungen mehr einbezogen und unsere Erfahrungen bei Entscheidungen mehr ernst genommen werden“, forderte sie. „Man sollte uns einfach mal öfter fragen, was wir denn in den Teams vor Ort brauchen.“ 

Trainer*innen müssen besser bezahlt werden

Thomas Röhler brachte noch einen anderen Aspekt in die Diskussion ein: „Die Trainer müssen besser bezahlt werden“, forderte er. Bei ihm in Jena seien vor allem fehlende Übungsleiter*innen das Problem. „Diese Leute sind heute Sportexperten, Pädagogen und Psychologen und das muss angemessen honoriert werden“, sagte er und erntete dafür Applaus aus dem Publikum. Sebastian Seidl verwies darauf, dass es viele gute Trainer*innen in Deutschland gegeben habe, „die aber heute im Ausland unsere Konkurrenz zu Höchstleistungen bringen.“ Für seine Ausführungen erntete er die Zustimmung der anderen Sportler*innen von Team D und des Publikums.

Das prägnante Fazit nach den beiden Talkrunden: Im organisierten Sport gibt es eine große Sehnsucht nach einer neuen Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland. Zugleich waren sich alle Diskussionsteilnehmer*innen darin einig, dass derzeit noch nicht alle Voraussetzungen hierfür existieren.

  • Die fünf Teilnehmenden der zweiten Talkrunde mit dem DOA-Sammelband Bildungspotenziale der Olympischen Idee: Thomas Röhler, Felix Loch, Karla Borger, Sabrina Cakmakli und Sebastian Seidl (von links nach rechts). © DSM/Frank May
  • Führte als Moderator durch die Talkrunden: Prof. Dr. Manfred Lämmer. © DSM/Frank May
  • Klaus Steinbach und Heide Ecker-Rosendahl auf dem Podium. © DSM/Frank May
  • Klaus Wolfermann (links) und Ulrich Wehling (rechts) amüsierten sich. © DSM/Frank May
  • Peter Frenkel neben Moderator Prof. Dr. Manfred Lämmer. © DSM/Frank May
  • Thomas Röhler während der zweiten Talkrunde. © DSM/Frank May
  • Felix Loch beantwortet eine Frage während der zweiten Talkrunde. © DSM/Frank May
  • Klaus Steinbach und Gertrude Krombholz, die Chefhostess der Sommerspiele 1972, im Publikum während der zweiten Talkrunde. © DSM/Frank May
  • Diskussionsteilnehmende und Publikumsgäste vereint. © DSM/Frank May

Fotos: © DSM/Frank May

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