Ein israelischer Gegenbesuch
Beim 2. Deutsch-Israelischen Seminar in Frankfurt wurden die binationalen Beziehungen intensiviert
Die Delegierten im Deutsche Bank Park von Eintracht Frankfurt. © DOA |
Das „2nd Joint Seminar of the National Olympic Academies of Israel and Germany” war durch einen engen und freundschaftlichen Austausch geprägt. Nach dem Auftakt im Jahre 2019 begrüßte die Deutsche Olympische Akademie (DOA) vom 7. bis 10. Mai 2023 eine neunköpfige Delegation aus Tel Aviv und Referent*innen aus ganz Deutschland in Frankfurt. Die Schirmherrschaft des zweitätigen Seminars, das federführend von der DOA organisiert und gemeinsam mit dem Nationalen Olympischen Komitee Israels (NOCIL) durchgeführt wurde, übernahmen die Europäischen Olympischen Akademien (EOA).
Talentförderung und innovative Trainingsmethoden
Nachdem die israelische Delegation am späten Sonntagabend aus Tel Aviv kommend am Frankfurter Flughafen gelandet war, ging es am Montagmorgen, dem 8. Mai, mit vollem Programm und namhaften Gästen los.
Der erste Seminartag stand im Zeichen von „Talent Identification, Talent Screening, and Talent Development“ sowie „Innovative Training Methods“. Nach Einleitung von Torsten Burmester, Vorstandvorsitzender des DOSB, der die große Bedeutung des binationalen Zusammenhalts und der Zusammenarbeit betonte, hielten Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper, Vorsitzende der DOA, und Eytan Barak, Leiter der israelischen Delegation, kurze Grußworte.
Im Anschluss starteten die spannenden 20-minütigen Impulsvorträge von Referent*innen aus beiden Ländern. Dr. Antje Hoffmann vom Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) Leipzig eröffnete die Vortragsreihe. Sie präsentierte Konzepte zur Talententwicklung und verdeutlichte Maßnahmen, die der Entdeckung junger Sporttalente dienen. Auch stellte sie Projekte vor, die Talentförderung ausbauen und zukunftsfähiger gestalten.
Dennis Drieschner, Referent von der Trainerakademie Köln des DOSB, berichtete von den neuesten Trends in der Ausbildung von Trainer*innen. Hier wird unter anderem das Ziel verfolgt, das höchste Ausbildungszertifikat dem Bachelor-Abschluss gleichzustellen. Anschließend knüpfte Sabine Tschäge, Nationaltrainerin des Deutschland-Achters der Männer, mit ihrem Vortrag nahtlos an ihren Vorredner an. Sie erläuterte ihren Werdegang und ihre Erfahrungen im Spitzensport. Nicht nur ihre Qualifikation, sondern auch Zufälle hätten sie in ihre heutige Position gebracht. Tschäge betonte die Notwendigkeit im deutschen Sport, mehr Frauen in Führungspositionen zu installieren, wenn sie dafür qualifiziert sind. Darüber hinaus können sie in ihrer Rolle als Vorbilder dienen.
Die nächsten Redner fokussierten andere Themen, die das vielfältige Programm des Seminars belegten. Dr. Eduard Isenmann von der Deutschen Sporthochschule Köln präsentierte eine Studie über den Einfluss des Menstruationszyklus auf Leistung und Erholung beim weiblichen Krafttraining. Kai Gemeinder, Moderator der Deutschen Schulsportstiftung, stellte das nationale Programm „Jugend trainiert für Olympia und Paralympics“ vor – der mit ca. 800.000 teilnehmenden Schüler*innen pro Jahr weltgrößte Schulsportwettbewerb.
Den zweiten Teil des Tages übernahm die Gastdelegation. In insgesamt fünf Vorträgen vermittelten Forscher*innen und Delegierte des Academic College at Wingate, der Israel School Sport Association und des Oranim College of Education eine israelische Perspektive auf die Seminarthemen. Auch hier standen Talentsichtung und -entwicklung im Vordergrund. Aber auch der Relative Alterseffekt (RAE) und die wissenschaftliche Unterstützung der sportlichen Leistungsfähigkeit durch genetische Datenanalyse wurden beleuchtet.
Aktuelle Fragestellungen zu Frauen im Sport
Der zweite Seminartag stellte „Current Issues of Women in Sport“ in den Fokus. Es wurden differenzierte Aspekte eruiert, darunter die Sicherheit von Frauen im Sport, die Prävention von sexueller Belästigung und Missbrauch, Chancengleichheit und Frauen in Sportmedien.
Elena Lamby von der Deutschen Sportjugend (dsj) eröffnete den Tag mit einem bewegenden Vortrag zum Thema „Safe Sports“. Sie nahm eine organisatorische Perspektive ein und stellte Maßnahmen wie das DOSB-Stufenmodell zur Prävention und zum Schutz vor sexualisierter Belästigung und Gewalt vor. Darüber hinaus erläuterte sie weitere geplante Programme des organisierten Sports, dessen Verantwortung hervorgehoben wurde.
Die Perspektive der Athlet*innen erläuterte anschließend Leon Knaack, Vertreter von Athleten Deutschland und ehemaliger U23-Weltmeister im Rudern. Er sprach das sensible Thema Missbrauch im Leistungssport an und sorgte mit einem realen, anonymisierten Beispiel für tiefe Betroffenheit. Auch internationale Beispiele, wie der jahrzehntelange Missbrauch im US-Turnen, wurden beleuchtet, und wichtige Maßnahmen zur Prävention erläutert.
Nach einem Vortrag von Folker Hellmund, Direktor des EOC EU Office in Brüssel, über das Erasmus+ Projekt „Guidance to Achieve More Equal Leadership in Sport“ (GAMES), stellte die stereotypische Berichterstattung in den (sozialen) Medien einen weiteren Schwerpunkt dar. Dr. Birgit Braumüller von der Deutschen Sporthochschule Köln referierte über die Sexualisierung der Frauen im Sport und den medialen Einfluss. Es wurden Strategien diskutiert, um der Belästigung und Diskriminierung im digitalen Raum entgegenzuwirken.
Abschließend stellte Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, die MAKKABI Deutschland WinterGames 2023 vor. Die WinterGames markierten die ersten jüdischen Winterspiele seit 1936 und waren somit ein historischer Meilenstein für die jüdische Turn- und Sportbewegung.
Kulinarisches und kulturelles Finale
Nicht nur Inhalte standen auf der Agenda des Seminars. Am Montagabend lud die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) unter der Leitung von Lena Reker die Delegierten und Referent*innen zu einem gemeinsamen Dinner in ein griechisches Lokal. Der Dienstagabend wurde italienisch – diesmal erfolgte die Einladung durch Makkabi Deutschland und ihren Präsidenten Alon Meyer.
Einen sportlichen Leckerbissen gab es am Mittwochvormittag: der Besuch des Museums und des Deutsche Bank Parks, der Spielstätte von Eintracht Frankfurt. Matthias Thoma, Leiter des Eintracht-Museums, erzählte den Delegierten von der langen jüdischen Geschichte des Sportvereins und seinen Erfolgen auf gesellschaftspolitischer und sportlicher Ebene.
Nach dem Auftakt im Jahre 2019 stellte das 2. Deutsch-Israelische Seminar einen weiteren Meilenstein in der binationalen Zusammenarbeit dar. Das nächste Seminar ist für die Jahre 2024 oder 2025 in Israel vorgesehen und wird unter Federführung des NOCIL organisiert.